Fränkische Landeszeitung, 17. März 2012

Schlichtungsversuch statt Richterspruch. Mediation gewinnt als „reifere Form der Konfliktlösung" in der Wirtschaft an Bedeutung. Recht steht sich manchmal selbst im Weg – Informationen in der Feuerbachakademie

Ansbach (cc) – Wann immer ein streit ausweglos erschien, wurden in der Vergangenheit die Gerichte angerufen. Die Richter trafen eine Sachentscheidung, mit der beide Parteien zu leben hatten. Die Mediation geht einen anderen Weg: Im Gespräch mit einem Vermittler stehen die Menschen im Mittelpunkt – und die Suche nach dem Problem, das sie miteinander haben. Für Unternehmen wird diese alternative Konfliktlösung immer interessanter. Den Beweis erbrachte eine Infoveranstaltung in der Feuerbachakademie Ansbach.

Rund drei Stunden setzen sich die Teilnehmer mit dem Lösen von Streitfällen auseinander. „Dabei sind häufig Emotionen mit im Spiel. Deswegen ist es schwierig, sie auf einer rein sachlichen Ebene zu lösen", erklärt Lis Ripke. Die Rechtsanwältin gründete 1995 das Heidelberger Institut für Mediation und kämpft seither dafür, im Streitfall bessere Wege zu finden als vor Gericht. Dabei setzt sie sich auch für eine andere Haltung in der Gesellschaft ein. „Es ist bedenklich, wenn in 100 Prozent der Fälle der Schutz der Gerichte in Anspruch genommen wird. Früher hat auch mal der Dorfpfarrer gesagt ‚gut is'."

Die Mediation beschreibt Ripke als „reifere form der Konfliktlösung". Der Mediator bringt als „Schlichter" beide Parteien an einen Tisch. er schafft ein von Vertraulichkeit geprägtes Gesprächsklima. Er sorgt dafür, dass Fakten auf den Tisch kommen und persönliche Probleme nicht außen vor bleiben. Den entscheidenden Moment nennt Ripke „Shift" – also ein Wechsel in der Sichtweise, ein Umschalten: Wenn die Fegner selbst erkennen, wie und warum es zum Streit gekommen ist, wenn sie aussprechen, was ihnen wirklich wichtig ist und eigene Fehler zugeben können – „dann", so Ripke, „gehen Türen auf".

 

Dabei ist die Mediation keine ergebnisoffene Plauderrunde. Zu Beginn wird ein Arbeitsvertrag, zum Ende ein Ergebnisvertrag geschlossen. Ripke rät dazu, das Ergebnis vor der Unterschrift von einem Anwalt oder einer Vertrauensperson überprüfen zu lassen. „Mediator" an sich ist kein geschützter Begriff. Jedoch bieten Einrichtungen wie das Heidelberger Institut für Mediation nach strengen Kriterien Qualifizierungen und Zertifizierungen an.

Weil die Mediation in vielen Fällen schneller und mit geringerem Kostenaufwand verbunden ist als ein Gerichtsprozess, haben sie börsennotierte Konzerne und Rechtsschutzversicherungen nach den Worten von Lis Ripke längst für sich entdeckt. So gebe es firmeneigene Mediatorenpools und die Versicherungen übernähmen die Kosten einer Mediation in Fällen, in denen bislang kein Rechtschutz gewährt worden sei. Das Verfahren soll zudem auf eine gesetzliche Basis gestellt werden. Dazu muss das „Mediationsgesetz" jedoch erst den Vermittlungsausschuss passieren.

Fachzentrum gegründet

„Eine Vielzahl von Konflikten lässt sich vor Gericht nicht befriedigend lösen, weil sich das Recht manchmal selbst im Weg steht", hatte Christine Krieg als Vertreterin der Feuerbachakademie und der meyerhuber rechtsanwälte partnerschaft zu Beginn der Veranstaltung gesagt. Krieg ist zweite Vorsitzende des neu gegründeten „Zentrum für Mediation Ansbach", das qualifizierte Mediatoren vermittelt und Fortbildungsveranstaltungen organisiert.

Für die Handwerkskammer Mittelfranken unterstrich Joachim Fuoss den Wert der Mediation, für die Industrie- und Handelskammer Nürnberg für Mittelfranken Daniel Lasser. Im Handwerk könne eine Mediation bei Nachfolgeregelungen, bei Verhandlungen mit der Bank oder bei Schwierigkeiten mit Mitarbeitern helfen, so Joachim Fuoss. „Es ist ein Rezept, miteinander zu reden."