Fränkische Landeszeitung, 25. April 2015

Gerissen. Papiertheater in Ansbach

ANSBACH (an) – Zwanzig, das war die magische Zahl dieses Abends: 20 Jahre Papiertheater Nürnberg, Hausnummer 20 des Veranstaltungsortes und 20 Jahre Welttag des Buches. Und genau an diesem Tag fand die szenische Lesung mit Johannes Volkmann in der Feuerbach-Akademie statt. Der Theatermacher und Buchgestalter, stellte unter dem Titel „Erlesen gelesen" am Donnerstag drei Buchgeschichten aus seinem Verlag Erlesene Bücher vor.

Der Raum ist abgedunkelt, zwei kleine Scheinwerfer lenken den Fokus auf eine etwa viermal zwei Meter große, gespannte Papierwand. Sie ist gleichzeitig Spielfläche, Bühne und Projektionsleinwand. Als Akteure des Abends treten Schere, Teppichmesser, Licht und Schatten, Öl zum Malen, ein Overheadprojektor und Volkmann selbst in Aktion. In diesem Theaterkosmos wird geschnitten, herausgerissen, geknickt und gemalt. Schattenrisse und Farbelemente ergänzen zudem den Erzähltext des Stückes: Die Ausdruckskraft der Papierbearbeitung, beziehungsweise dem Spiel mit dem Material selbst, erweckt bildstarke Momente zum Leben, eine Portion charmanten Witz mit eingeschlossen. Gespannt sitzen die Besucher und lassen sich von dem Augenblick entstehenden Papiertheater-Bildern überraschen.

 

Der Spielzeit-Weg ist wesentlich: Jedes Bild entsteht aus dem Moment neu. In diesem Rahmen lässt Volkmann zum Beispiel seine Geschichte der „Kugelmenschen – ein gerissenes Stück Philosophie" lebendig werden. Es geht um die Frage, wie die Liebe zu den Menschen kam. Ein herausgeschnittenes Papiergesicht wird zum Symbol für die Götter, ein Schattenbild lässt die Kugelmenschen und ihre Geschichte sichtbar werden. Dieses Prinzip greift Volkmann auch für die „Erlesenen Bücher" auf: Der Leser wird selbst zum gestaltenden Akteur: Bilder einritzen und knicken ist erlaubt. Die Geschichte beginnt unter seiner Hand zu leben.

Das Buch „Unbezahlbar" stellt, inzwischen weltweit, die Frage: Was ist in unserem Leben bereichernd und unbezahlbar? Ein künstlerisches Gesellschaftsprojekt in Wort und Bild, das dem Sinn des Lebens nachspürt, Menschen ihre Gedanken zu Papier bringen lässt und zum Nachdenken anregt.

Volkmanns Buch- und Theaterwelt braucht keine Hochglanz-Glitzer-Elemente. Die radikal auf ein Minimum reduzierte bildnerische Papiergestaltung lebt aus sich selbst heraus. Ein sinnliches Spiel mit der theatralen Bildsprache des Papiers: gerissen umgesetzt.