Fränkische Landeszeitung, 12. März 2016

Neues Vergaberecht zwingt Handwerker zum Nachrüsten - Verfahren muss komplett elektronisch abgewickelt werden

ANSBACH (sh) – Runde sechs Milliarden Euro investiert in Bayern die kommunale Ebene im Jahr: für Straßen, Schulen und für vieles, vieles andere. Damit dabei alles mit rechten Dingen zugeht, haben Gesetzgeber, vor allem der europäische, und Gerichte umfangreiche Vorschriften geschaffen. Ab 18. April gilt ein neues Vergaberecht – mit Folgen für das Handwerk, wie bei einer Info-Veranstaltung der Ansbacher Feuerbach Akademie erklärt wurde.

Kompakt und im Schnelldurchgang präsentierte Rechtsanwältin Dr. Sylvia Meyerhuber den Mitarbeitern von Kommunen und öffentlichen Einrichtungen in den vollbesetzten Reihen die neuen Bestimmungen. Danach hat sich an den Grundsätzen des „streng formalen Verfahrens" nichts geändert: Gleichbehandlung, Transparenz und Nichtdiskriminierung.

Geblieben ist auch die Vorgabe, dass ab einem bestimmten Auftragsvolumen europaweit ausgeschrieben werden muss. Seit Januar gelten in Deutschland folgende Schwellenwerte: für Liefer- und Dienstleistungsaufträge 209000 Euro; bei Bauaufträgen liegt die Grenze inzwischen bei exakt 5,225 Millionen Euro.

Dieser Schwellenwert ist für den Auftraggeber, sei es eine Stadt, eine Gemeinde oder ein Landkreis, nicht ganz unwichtig, sind europaweite Ausschreibungen in der Regel doch aufwändiger und komplizierter als eine nationale Vergabe.

 

Künftig, so Dr. Sylvia Meyerhuber, könnte der Schwellenwert bei Bausachen deutlich öfter überschritten werden. Der Grund: Mit dem neuen Vergaberecht müssen Leis-tungen und Kostenpositionen, beispielsweise für die Planung, mit eingerechnet werden, die bislang für den Gesamtwert des Auftrags außen vor bleiben konnten.

Bei einer anderen Änderung hat der Gesetzgeber bis Oktober 2018 eine Übergangsfrist eingeräumt. Spätestens dann aber muss das gesamte Vergabeverfahren von Anfang bis zum Ende sowohl vom Auftraggeber als auch vom Bieter „komplett elektronisch" abgewickelt werden – samt einer speziellen elektronischen Signatur, welche die Unterschrift ersetzen soll. In der Infoveranstaltung war man sich einig, dass kleinere Unternehmen hier nachrüsten müssen, wenn sie weiter öffentliche Aufträge an Land ziehen wollen. Vor allem kleinen Handwerksbetrieben stünden damit sicher Probleme ins Haus, hieß es.

Nach rund 90 Minuten geballter Information zog Dr. Meyerhuber dieses Fazit: Ist das neue Vergaberecht einfacher? „Na ja". Ist es insgesamt flexibler? „Ein bisschen."

Vieles, was sich Praktiker erhofften, so die Ansbacher Anwältin, sei jedenfalls nicht umgesetzt. Allerdings sei es künftig einfacher, Innovationen zu berücksichtigen. 

 

 




 


Wochenzeitung, 12.März 2016

Die Vergabe öffentlicher Aufträge. Ab dem 18. April 2016 tritt die Reform des Vergaberechts in Kraft

Was ist Vergaberecht? Eine Gemeinde, ein Zweckverband oder grundsätzlich eine öffentliche Stelle kann einen Auftrag erst vergeben, nachdem ein formelles Vergabeverfahren durchgeführt wurde. Wie der genaue Ablauf erfolgt und was dabei beachtet werden muss, wird durch das Vergaberecht geregelt. Die gesetzlichen Grundlagen wurden im Laufe der Jahre wiederholt geändert. Eine der größten Reformen tritt nun zum 18. April 2016 in Kraft.

Mehr als 50 Interessierte folgten der Einladung der Feuerbachakademie Ansbach am 1. März 2016 zum Thema „Das neue Vergaberecht". Rechtsanwältin Dr. Sylvia Mey-erhuber, Fachanwältin für Verwaltungsrecht, erläuterte in einem Praktikerseminar die wesentlichen Neuerungen des Vergaberechts.

Öffentliche Auftraggeber und auch Bieter sind bei der Vorbereitung bzw. Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen mit einer Vielzahl von gesetzlichen Regelungen konfrontiert. Das Vergaberecht ist geprägt von einem komplexen Nebeneinander von Gesetzen, Verordnungen und teils divergierender und regional unterschiedlicher Verwaltungspraxis und obergerichtlicher Rechtsprechung.  

Der nationale Gesetzgeber hat daher die Umsetzung verschiedener EU-Vergaberichtlinien genutzt, um das Vergaberechtsystem neu zu ordnen. Im Rahmen des Seminars wurde die Gesetzessystematik ab dem 18. April dargestellt, sowie die Änderungen und Neuerung im Vergabeverfahren, stets unter Berücksichtigung der bestehenden Rechtslage und anhand des Verfahrensablaufs, aufgezeigt.

Allerdings konstatierte Rechtsanwältin Dr. Meyerhuber: „Änderungen wird es geben, übersichtlicher wird es aber nicht wirklich." Neu ist insbesondere die Verpflichtung, künftig Vergabeverfahren elektronisch durchzuführen. Das soll zu einer Beschleunigung der Vergabeverfahren sowie zur Effizienz und Wirtschaftlichkeit beitragen. Unverändert sollen kleinere und mittlere Unternehmen in Vergabeverfahren vornehmlich berücksichtigt werden. Innovation und Nachhaltigkeit sollen als Alleinstellungsmerkmale auch unabhängig vom Preis der angefragten Leistung stärker wahrgenommen werden können. Öffentliche Auftraggeber erhalten neuerdings die freie Wahl, ob eine öffentliche Ausschreibung oder eine beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird. Die bestehenden Regelungen werden den europäischen Richtlinien angepasst. Durch das neue Vergaberecht reduzieren sich jedenfalls nicht die Anforderungen an alle Beteiligten.