Wochenzeitung, 14. Februar 2015

Tückische Hintertüren. Info-Donnerstag in der Feuerbachakademie zum neuen Mindestlohn

Volles Haus in der Feuerbachakademie: Harald Schwarz, Fachanwalt  für Arbeitsrecht, referierte aus aktuellem Anlass zum heiß diskutiertem Thema „Mindestlohngesetz“ und konnte zahlreichen Arbeitgebern die konkreten Regelungen und potenziellen Gefahren zu neuen Gesetzmäßigkeit näherbringen. Zuvor hatte Dr. Malte Schwertmann in seinem Grußwort zahlreiche Persönlichkeiten und Ehrengäste zum monatlichen Info-Donnerstag der meyerhuber Rechtsanwälte begrüßt.

Seit Beginn des Jahres gilt der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn von 8,50 Euro in Deutschland. Das Gesetz bringt weitreichende Änderungen nicht nur für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern für alle Unternehmen, die Werk- oder Dienstleistungen bei anderen Unternehmen „einkaufen“. Dabei besteht sehr große Rechtsunsicherheit bei den betroffenen Unternehmen zur Anwendung des neuen Gesetzes.

Der von der Feuerbachakademie Ansbach zum Thema Mindestlohn durchgeführte Info-Donnerstag am 5. Februar 2015 fand daher im Unternehmerkreis regen Zuspruch.

Insgesamt mehr als 80 Personen, vorrangig von der Arbeitgeberseite, nahmen die Gelegenheit wahr und ließen sich vom Referenten, Rechtsanwalt Harald Schwarz, Fachanwalt für Arbeitsrecht, zum Thema Mindestlohn auf den neuesten Stand bringen.

Fast zwei Stunden lang hatte Schwarz die volle Aufmerksamkeit seiner Zuhörer, die Fragen und die aktive Diskussion zeigten das rege Interesse an dem brandaktuellen Thema.

 

Die Risiken, die das neue Gesetz für die Unternehmen mitbringe, so Schwarz, seien vielen Unternehmen gar nicht bewusst. „Gegner“ sind nicht nur Arbeitnehmer, die den Mindestlohn für sich reklamieren, sondern auch das Hauptzollamt und die Deutsche Rentenversicherung. Wer entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung den Mindestlohn nicht zahlt, zahlt auch zu wenig Sozialversicherungsbeiträge und macht sich damit strafbar.

Außerdem drohen erhebliche Bußgelder bis zu 500.000 Euro bei Verstößen gegen das Mindestlohngesetz.

Auch der Umgang mit sogenannten „geringfügig Beschäftigten“ dürfte in der Zukunft schwieriger werden. Zur Ermittlung, ob tatsächlich der Mindestlohn gezahlt werde, müssten auch Urlaub und Krankheitszeiten berücksichtigt werden. Um eine möglichst flexible Handhabung der Arbeitszeiten nicht nur bei geringfügig Beschäftigten, sondern auch bei normalen Arbeitnehmern zu ermöglichen, setzt das Mindestlohngesetz bestimmte Rahmenbedingungen. Wichtig für den Arbeitgeber sei, dass er seine Arbeitsverträge an diese Bedingungen anpasse. So könnten einige der neuen, sehr massiven Vorgaben des Mindestlohngesetzes vertraglich bereits im Vorfeld abgefedert und somit rechtlichen Missständen vorgebeugt werden.

Vor Ort war: Daniel Klein




 


Fränkische Landeszeitung, 7. Februar 2015

Mindestlohn: Fachanwalt fällt vernichtendes Urteil

Harald Schwarz: „Wahnsinnsverwaltungsaufwand“ und Fallstricke für Arbeitgeber – Info-Abend bei Feuerbachakademie

ANSBACH (an) – Der Mindestlohn von 8,50 Euro bietet für Arbeitgeber kaum Hintertürchen, um ihn zu umgehen. Dafür gibt es umso mehr Fallstricke, um mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Bei einem Informationsabend zum Thema Mindestlohn der Feuerbachakademie überwogen dann auch die Fragen der Teilnehmer, die Angst vor – auch unbeabsichtigten – Verstößen haben.

Es gebe für einen Arbeitgeber kaum einen unangenehmeren Gegner als die Deutsche Rentenversicherung, warnte Rechtsanwalt Harald Schwarz knapp 80 Teilnehmer – nach eigenem Bekunden allesamt Vertreter von Arbeitgeberinteressen. Beim Mindestlohn sei das nicht anders: Denn werde dieser trotz Verpflichtung nicht bezahlt, würden automatisch auch zu wenig Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Dies wiederum sei ein Straftatbestand, der massive juristische Konsequenzen für den Arbeitgeber haben könne.

Ein weiterer „Gegner“ sei das Hauptzollamt, das – wie auch bei der Schwarzarbeit – für die Kontrolle des Mindestlohns zuständig sei. Diese Behörde könne bei Verstößen Bußgelder von bis zu 500 000 Euro verhängen. Bereits ab einem Bußgeld von 2500 Euro jedoch werde beispielsweise eine Firma von der Gewerbeaufsicht wegen erwiesener Unzuverlässigkeit von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen. Dagegen seien zivilrechtliche Forderungen der Arbeitnehmer noch vergleichsweise harmlos, so der Fachmann.

Aber auch hier lauerten künftig zahlreiche Fallstricke auf Firmen, die ihre Geschäfte mit Subunternehmen oder mittels Werk- und Dienstverträgen tätigen. Hier sei die letztlich auftraggebende Firma für die Einhaltung der Mindestlohnstandards – auch von im Ausland angesiedelten Firmen – bei Arbeitstätigkeit im Bundesgebiet verantwortlich. Dabei sei egal, wie lang die Kette der Subunternehmen sei. „Die Arbeitnehmer bekommen sie nie los“, verdeutlichte Schwarz. Allenfalls könnten Regressansprüche an die Subunternehmer geltend gemacht werden.

 

Auch bei den so genannten „geringfügig Beschäftigten“ warten künftig Fallstricke und ein „Wahnsinnverwaltungsaufwand“, erläuterte der Fachanwalt für Arbeitsrecht. Denn diese seien nicht nur ebenfalls vom Mindestlohn erfasst, sie hätten auch ein „vollwertiges Arbeitsverhältnis“. Das werde zwar in der Öffentlichkeit oft nicht so wahrgenommen, aber es bestünden auch Ansprüche beispielsweise auf Krankengeld und bezahlten Urlaub. Bislang sei mancher Arbeitgeber hier bei den Arbeitszeiten mitunter etwas „flexibel“ vorgegangen. Dies sei künftig nicht mehr möglich.

Denn auch bei „Minijobbern“ müssten künftig alle tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden – nicht nur die vereinbarte Arbeitszeit – erfasst werden. Diese wiederum werden mit Urlaubstagen und anderen Ansprüchen verrechnet. Unterm Strich dürfte dann der Mindestlohn nicht unterschritten werden. Deswegen, so die Empfehlung von Harald Schwarz, sollten Arbeitgeber ihre Arbeitsverträge, Arbeitszeitvereinbarungen seien hier zur Absicherung dringend nötig. Sie entbinden aber nicht von der Erfassung der tatsächlichen Arbeitszeit.

Auch bei den Ausnahmeregelungen zum Mindestlohn gibt es so einiges zu beachten, mahnte der Referent. So seien beispielsweise minderjährige Schüler (ohne abgeschlossene Berufsausbildung) bei Ferienarbeit vom Mindestlohn nicht erfasst, für ältere Schüler ab 18 Jahren oder Studenten gelte dieser aber sehr wohl. Auch für Langzeitarbeitslose gelte der Mindestlohn nicht, aber nur in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung. Und bei Praktikanten gelte künftig eine einheitliche Obergrenze von drei Monaten, ab denen ebenfalls die 8,50 Euro je Stunde fällig würden. Ausnahmen gelten hier allenfalls bei „Pflichtpraktika“ im Rahmen der Ausbildung.

Generell sei das umfangreiche Gesetz zum Mindestlohn auf gut fränkisch schon „ein Hammer“, so Harald Schwarz. Die Komplexität sei auch daran zu erkennen, dass der Gesetzgeber bereits eine Überprüfung zur Jahresmitte 2016 im Gesetzestext eingefügt habe. Dementsprechend aufwendig dürfte sich auch die Überprüfung der Einhaltung des Mindestlohns durch die Zollbehörden gestalten, die wohl kaum ohne eine Personalaufstockung ihren neuen Pflichten nachkommen könnten. Klopfe der Zoll übrigens tatsächlich einmal an die Firmentür, dann rate er allen – analog zum Finanzamt – zur Kooperation. Das sei allemal besser, als sich querzustellen.